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Channel: Vorkoster – Salzburger Fenster
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Vegetarischer Biergarten? Gibt es!

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Es ist der einzige in Bayern. Oben auf dem Schellenberg bei Bergen, kurz vor dem Chiemsee. Und die rothaarige Wirtin trägt Tattoos.

Wenn der Vorkoster mal Fernsehzeitung spielen darf: Im BR gibt es drei erstklassige Sendungen: Quer, Klickklack und den Gernstl Franz, der mit bewundernswerter Menschenfreundlichkeit über Land fährt.  Gleich in der ersten Sendung heuer machte er dem Vorkoster die Zähne lang: Mit einem Besuch in Bayerns einzigem fleischlosen Biergarten. Ein bayerischer Biergarten ohne Wurstsalat – geht das überhaupt?

Zu Anfang schlecht. „Da sind Leute aufgestanden und gegangen“, sagt Manja Wolf-Voit. Zwölf Jahre hatte sie in Traunstein ein Bistro mit vegetarischer Kost geführt, ehe sie Ostern 2017 das Ausflugslokal übernahm. Kochen lernte die heute 39-Jährige aus Selbsterhaltung.  Als Jugendliche hatte sie beschlossen, kein Tier mehr zu essen. Und die Oma fand damals, Speck im Krautsalat sei doch kein Fleisch. Da musste sie ihr Gemüse selbst zubereiten. Und ihr Freund ward gefragt, wie er Manja ohne Fleisch durch den Winter bringt.

Der Schellenberg ist ein Hügel mit Blick auf Berge. Dort oben stehen uralte Bäume und darunter ein Hexenhaus, innen so kitschig eingerichtet, dass das schon wieder schön ist. Draußen spielt es sich ab im terrassenförmigen Biergarten, gut 100 Plätze gibt’s und die meisten waren besetzt, als wir Sonntag zu Mittag kamen. Manja eilte von der Küche zu den Tischen, die Haare rotgefärbt, Tattoos an den Armen, eine Erscheinung.

Die Speisenkarte passte auf eine Schiefertafel, tatsächlich kein Fleischgericht dabei. Wobei: Wir bestellten Gulasch und Schnitzel. Eines komponiert aus Süßkartoffeln, Tabuleh mit Granatapfel, Kichererbsen und Tofu, das andere mit Auberginen, Bärlauchspätzle und Gemüse. Beides gut abgeschmeckt. Der Renner hier, das Portobelloschnitzel, gefertigt aus dem großen Champignon, war leider aus.

Das Arrangement auf dem Teller spielt mit unseren Essgewohnheiten. Gemüse und Kartoffeln außen und zentral ein frittierter Rundling. Optisch gaukelt das ein Schnitzel vor. Absichtlich: „Da werden viele Kerle mitgeschleppt, die wollen ein Trumm Fleisch. Und wenn sie dann so einen Batzen in der Mitte sehen, dann essen sie den wie Fleisch“, sagt Manja. Wobei sie selbst gar nichts gegen den Geschmack von paniertem Kalb hätte, vegetarisch zu essen sei ja keine kulinarische sondern eine ethische Entscheidung. So schaffen Aubergine oder Pilz ein Ersatz-Vergnügen. „Schmeckt wie Schnitzel“, lächelte Gernstl.
Das Mousse au chocolat war vegan, eine Einschränkung, die man der intensiven Tarte nicht anschmeckte. Ein Walnusskuchen war mit Sahne samt Eierlikör gekrönt, Granatapfel-Kerne sorgten für Frische. Gute Desserts. Am Abend dann folgte die sonntägliche Ausnahme vom Fleischverzicht: Dann brät Manja Burger, natürlich aus Bio-Fleisch. Eine Art Versöhnung mit den Leuten.

Abends steigt Manja öfter mit ihrer Damenband auf die hauseigene Bühne: Rockabilly, keine Volksmusik. Und auch die bayerische Tourismuswerbung schaut Gernstl. Sie nahm das vegetarische Gasthaus Schellenberg in ihre Werbebroschüre auf – als einzigen bayerischen Biergarten. Es ändern sich die Zeiten.

Manjas Gasthaus Schellenberg, Schellenberg 11, 83346 Bergen, Tel. 0049/8662/8456, www.manjas-schellenberg.de


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