Salzburgerin stärkt die Tradition im 400 Jahre alten „Schwarzen Kameel“. Und: Die Küche der Flüchtlinge im Habibi und Hawara.
Des Vorkosters eigennütziger Vorsatz zum neuen Jahr: sich kulinarische Träume zu erfüllen. Das kann wunderschön werden, ist aber auch riskant. Was, wenn sich das himmlische Mahl wider Erhoffen als durchaus irdisch erweist? Auf nach Wien.
Ein perfektes Kalbsrahmgulasch – davon träumt er schon lange. Ort der Erfüllung soll das Schwarze Kameel sein, Restaurant für die besseren Wiener Kreise seit 1618. Durch die muss man auch hindurch. Herren in roten Hosen, Damen im eleganten Blazer umlagern kleine Tische, ein „Servus Dodi“ kreuzt sich mit dem „G’schamsten Diener“, man kennt und trifft sich, Bar heißt diese Arena der Eitelkeiten. Wer’s ruhig haben will, nimmt ein paar Stufen in eine andere Welt.
Schimmernde Wandpaneele, darüber gelbe Kacheln und ein Fries: Die Dekoration schafft es, den Eindruck von Gold zu vermitteln. Hier herrschen die Kellner. Hier werden keine schnöden Tellergerichte hingestellt, hier kommen Kupferpfannen oder glänzende Schüsseln aus der Küche, jeden Gang dekoriert ein Ober oder reicht zumindest eine Zutat. Traditionsbewusste Arbeit am Gast. Erstaunlicherweise führt eine Frau die Küche, Sevgi Hartl, eine Salzburgerin mit türkischen Wurzeln. Man weiß wenig von ihr, weil sie sich nicht so aufplustert wie ihr Vorgänger Christian Domschitz, womit das Haus allen Glanz behält.
Erst der gerühmte Beinschinken (€ 14,50). Handgeschnitten, durchaus mit Fettrandl, in allen Schattierungen von Rosa, sehr saftig, hübsch aromatisch, tatsächlich eine Delikatesse. Die Vorkosterin probierte den Tafelspitz (€ 27,50): keine dieser ausgelaugten Dünnscheiben, zwei durchaus bissfeste Stücke, gemüsig nicht rahmschwer der Spinat, Rösti röstig in feinen Streifen, fruchtig der Apfelkren, die Schnittlauchsauce erstaunlich leicht. So gehört sich das. Und das Kalbsrahmgulasch (€ 23,50)? Acht Fleischstücke, jedes schön mürbe, dazu zwei Löffel handgeschöpfte Nockerl und der Saft: tizianrot, den Sauerrahm nur vom Ober weiß hineingetropft, kenntlich papriziert, wunderbar vollmundig. Tatsächlich die Erfüllung eines Traumes. Wem das alles zu teuer scheint, ein Tipp: Der Topfenknödel ist weder die 25-minütige Wartezeit noch die 12,50 Euro wert.
Auch einen Abstecher wert:
das Habibi und HawaraWo wir schon mal in Wien waren: Bekanntlich schimpfte Fürst Metternich einst, dass östlich der Stadt der Orient beginne. Kulinarisch ist der längst angekommen. Das interessanteste Projekt bringt im Namen Freundlichkeit in die Welthauptstadt des Grants: arabisch Habibi heißt Freund, wienerisch Hawara sowieso. Hier werden anerkannte Flüchtlinge zu Gastronomen ausgebildet und dann in die Wirtschaft ausgewildert. Das macht Hoffnung auf Ausbreitung vielleicht bis Salzburg. Ein Lokal, riesig, verwinkelt und immer gut besucht.
Man wähle das Buffet zu Mittag (€ 15,90), orientalisches Essen so viel man mag. Vielerlei Schüsseln zum Aussuchen: Himmlisches Hummus, Huhn Schawarma ungeniert von Kardamom gewürzt, knusprige Falafel und Baklawa von nicht gekannter Klasse. Tausend und ein Genuss. (Es gab auch Schüsseln, wo sich Masse und Öl schieden, da blieb man halt weg – wer mag sich schon in eine Scheidungssache verwickeln lassen).
Wien wird auch den neuen Orient kulinarisch aufsaugen, wie es einst Ungarn und Böhmen im Kalbsrahmgulasch vereinte.
Zum Schwarzen Kameel,
Bognergasse 5, 1010 Wien,
Tel. 01/5338125,
www.kameel.at
Habibi & Hawara,
Wipplingerstr. 29, 1010 Wien, Tel. 01/5350675,
www.habibi.at