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Eindrucksvolles Mittelalter in Leogang

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Ein Jahrhunderte altes Haus bietet Wellness-Moderne Paroli: Das K1326 in der Pinzgauer Gemeinde Leogang.

Eigentlich saugen sie alle Aufmerksamkeit ab, die Wellness-Hotels in Leogang, bieten Suiten und Chalets für gestresstes Publikum, Relaxen für den gefüllten Geldbeutel, inklusive neuester Küchenmoden. Dabei wird der langgestreckte Ort von seinen Eckpunkten zusammen gehalten, vom Bergbau- und Gotikmuseum im Westen und dem Kirchenwirt im Osten. Zwei Mal eindrucksvolles Mittelalter. Der Vorkoster als bekennender Fan freut sich schon, wenn das Museum im Mai vergrößert aufsperrt – und kehrte derweil im K1326 ein.

K steht für den Kirchenwirt und die Zahl für Stolz. Seit fast 700 Jahren ist das Haus in den Chroniken als Taverne verzeichnet, einst als fürsterzbischöfliches Gut. Kann sogar auf Salome Alt als Gast verweisen, Wolf-Dietrichs Geliebte mit  15 gemeinsamen Kindern. Und natürlich auf Einiges an sonstigem Adel.

All diese Vergangenheit lebt heute sichtbar weiter. Wer vorsichtig die ausgetretenen Stufen zum Weinkeller herabsteigt, sieht unverputzte Mauern, in denen sich Fels und Stein vereinen. Oben zeigen auch Marmorböden die Abnützung von Jahrhunderten, die Holzpaneele und Tramdecken sind fein renoviert, ohne museums-protzig zu wirken. Gewaltig der Samerstall nebenan, Säulen und Gewölbe prägen den riesigen Raum. Vielleicht das schönste Ensemble heimischer Gastronomie.

Unvergleichliches Ambiente: Der Samerstall beim Kirchenwirt. Bilder (2): art Redaktionsteam

Die Geschwister Barbara Kottke und Hans-Jörg Unterrainer sind heute die Wirtsleute und früher weit in der Welt herumgekommen, sie als Touristikerin, er als Snowboarder. Haben in vielen Städten genächtigt – „und da bleiben nur ganz superindividuelle Hotels in Erinnerung“, weiß sie, „die aber mit einem Riesenpotenzial“. Auch eine Art, der örtlichen Konkurrenz zu sagen, wo der Hammer hängt.

Wer so von seiner Geschichte lebt, wählt nicht irgendeine Küchenlinie. Darauf weist schon die Liste der Produzenten hin, viel kommt aus dem Pinzgau, und gekocht wird „back to the roots“. Aus diesem Menü (€ 50) überzeugte die Suppe von gelben Linsen, volles Aroma, verfeinert mit Ziegen-Frischkäse.

Zuvor war ein kulinarisches Kunststück zu bewundern: Ein Wintersalat, versteckt in einer gebackenen Haube, auch die Kälte liefert wohlschmeckende Vitamine. Der Saibling aus der Leoganger Ache (€ 16) kam auf dreierlei Art, am intensivsten roh mariniert, samt gutem Kohlrabi. Kennt jemand Heidewuggerl? Eine Schweinerasse ist das, gekreuzt aus Schwäbisch-Haller und Duroc, klein, langohrig und raufellig. Hier lieferten sie Goderl und gebackenen Kopf (€ 20) zu allerlei Bohnen, ein deftiges Vergnügen.

Ganz klassisch die Ente (€ 24), knusprig und saftig, samt würzigem Saft, Rotkraut und Erdäpfelknödeln. Auch im Winter lässt sich Eis genießen: viererlei Sorbets (€ 8), wunderbar fruchtig, oder Mandeleis als Zugabe zu einem Winterapfel, in Wahrheit bestes Bratapfel-Mousse, kunstvoll zum täuschend ähnlichen Rundling gestaltet, Küchenchef Matthias Moser lässt Ferran Adrià im Pinzgau weiterleben.

Hans-Jörg Unterrainers Liebe gilt dem Wein, kein Raum ohne den Schmuck großer Flaschen großer Güter (natürlich leergetrunken). Freaks lassen sich auf den Genuss von Raritäten ein, wobei manch Seltenes auch glasweise zu haben ist (zu entsprechendem Preis).
Schön, dass sich eindrucksvolles Mittelalter so gut präsentiert in einem Ort voll Goldgräber-Stimmung.

Kirchenwirt
5771 Leogang 3,
Tel. 06583/8216, www.k1326.at


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